50 Grades of Shame

She She Pop

Ein Bilderbogen nach Wedekinds „Frühlings Erwachen“

Schämen ist ja eigentlich nicht sehr in Mode. Höchstens ein bisschen, vielleicht. Ein verschämtes Schämen dann und wann. Wenn man bei einer lässlichen Sünde erwischt wird, zum Beispiel beim Lesen von „Fifty Shades of Grey“. Ansonsten gehört das öffentliche Ausplaudern sexueller Neigungen, das Prahlen mit Fehlern, das kokette Lamentieren längst zum guten Ton. Zumindest derer, die es sich leisten können.
Sexuelle Aufklärung – wie sie in Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ noch ein Problem ist, an dem Erwachsene scheitern und Kinder zerbrechen – scheint in westlichen Breiten kein Aufreger mehr. Im Gegenteil: Wo explizite Bilder unbegrenzt zur Verfügung stehen, ist individuelle sexuelle Entfaltung zum Maßstab geworden.
Aber stimmt das überhaupt? She She Pop wirft den Blick auf das Gefälle zwischen Unschuld und Wissen und zeigt, dass jedes aufklärende Sprechen über Sexualität und Geschlecht auch ein Sprechen über Macht ist. Strategische Bilder werden formuliert, die vieles zugleich ausschließen. Auch Begehren, Fortpflanzung und Geschlecht sind Ideologie und Fiktion.
Inspiriert von Wedekinds utopischen Erziehungskonzepten errichten She She Pop ihre eigene Erziehungsanstalt und bilden ein hybrides Kollegium, das als Material nichts hat als seinen kollektiven Lehrkörper und dessen angesammelte Scham.
Wie immer bei She She Pop geht es auch um das Theater selbst: In der Koproduktion mit den Münchener Kammerspielen wird das Kollektiv um Schauspieler des Ensembles ergänzt – die verschiedenen Arten über Scham und den eigenen Körper zu sprechen, sind auch verschiedene Arten des Schauspielens, des Rollenverständnisses, der Repräsentation.
Entlang von Szenen aus „Frühlings Erwachen“ und dem Bestseller “Fifty Shades of Grey” entwickelt sich so eine ars erotica als Frontalunterricht, unterstützt durch virtuosen Videoeinsatz, der alle Körperbilder permanent vermischt, vertauscht und überschreibt.

Artist Talk im Anschluss an die Vorstellung am 19. Juni

Gespräch Ausreden – Kunst zwischen Performance und Verstellung mit Beteiligten der Produktion am 19. Juni um 15 Uhr

AM

SAMSTAG, 18. JUNI 19:30 Uhr Düsseldorf
Sprache dt. (engl. Übertitel) tanzhaus NRW
SONNTAG, 19. JUNI 19:30 Uhr Düsseldorf
Sprache dt. (engl. Übertitel) tanzhaus NRW

Dauer 105’

Tickets gibt es hier

Konzept & Regie She She Pop
Von & mit Gundars Abolinš, Sebastian Bark, Lilli Biedermann, Anna Drexler, Walter Hess, Lisa Lucassen, Christian Löber, Mieke Matzke, Florian Schäfer, Berit Stumpf
Video Benjamin Krieg
Bühne Sandra Fox
Kostüme Lea Søvsø
Musik Santiago Blaum
Sounddesign Martin Sraier-Krügermann
Licht Andreas Rehfeld
Dramaturgie Tarun Kade
Künstlerische Assistenz Ruschka Steininger
Produktion ehrliche Arbeit – freies Kulturbüro
Company Management Elke Weber
Administration Aminata Oelßner

Eine Produktion von She She Pop und den Münchner Kammerspielen in Koproduktion mit dem HAU Hebbel am Ufer Berlin, Kampnagel Hamburg, FFT Düsseldorf, Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt a.M. und Kyoto Experiment. Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.

Foto © Judith Buss

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