Theatrale Gemeinschaft, Protest und internationale Zusammenarbeit in einer körperlosen Zeit
10.–12.06., Konferenzprogramm Online, Workshops an verschiedenen Orten
Sprache: Englisch
Die Pandemie hat die Theater weltweit hart getroffen. An den Orten, die geschaffen wurden, damit Körper sich versammeln und eine gemeinsame sinnliche Erfahrung teilen können, herrscht seit über einem Jahr die meiste Zeit: Leere. Die Impulse-AKADEMIE schaut sich diesen Zustand genauer an. Was geht verloren, wenn Aufführungen und Arbeitsprozesse im digitalen Raum stattfinden? Was wird gewonnen?
Die drei AKADEMIE-Tage finden in einem hybriden Format sowohl online als auch vor Ort in Düsseldorf und Köln, Bern, Johannesburg und Minsk statt:
Die Vorträge und Diskussionen am Vormittag fokussieren auf die Rolle des Körpers für Gemeinschaftsbildung, politischen Protest und internationale Zusammenarbeit. Sie finden online via Zoom statt.
In einem mehrtägigen Workshop am Nachmittag erproben die Teilnehmenden die Kunst von Berührung, Geruch, Nähe und Verwundbarkeit. Der Workshop findet vor Ort in Düsseldorf statt.
10:00–13:00 Uhr, online (Zoom + Live-Stream)
Für die Teilnahme per Zoom ist eine Anmeldung notwendig.
Hier geht's zum Live-Stream (ohne Anmeldung).
Welche Bedeutung hat das physische Beisammensein für das Theatererlebnis, und was verlieren wir, wenn das Publikum zu Hause am Laptop oder Handy sitzt? Wie hat sich unsere Wahrnehmung von Intimität und Berührung in Zeiten physischer Distanz verändert?
10:00 Begrüßung
10:10 Körper in Verbundenheit
Keynote und Diskussion mit Mazda Adli, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité, Berlin. Moderation: Eva Neklyaeva
Der Psychiater Mazda Adli zeigt in seiner Keynote, warum das Theater als Versammlungsort eine existenzielle Bedeutung hat: Das gemeinsame emotionale und kognitive Erlebnis trägt erheblich zur Bewältigung von Alltagsstress und zum psychischen Wohlbefinden bei, stellt Verbundenheit zwischen den Menschen her und stärkt damit die soziale Kohäsion in den Gesellschaften. Kurzum: Theater hält uns als Gesellschaft seelisch gesund. Aber welche Rolle spielt der Körper dabei? Stellen sich diese Effekte auch ein, wenn wir uns an den Bildschirmen versammeln?
11:00 15 Minuten Achtsamkeit mit Stacie CC Graham
Die Beraterin und Yogini Stacie CC Graham unterstützt das Publikum mit kleinen Übungen dabei, den eigenen Körper ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken.
11:15 Intimität auf Distanz
Input und Diskussion mit Samara Hersch und Damian Rebgetz. Moderation: Eva Neklyaeva
Die Regisseurin Samara Hersch und der Schauspieler und Performer Damian Rebgetz setzen sich in ihrer künstlerischen Praxis intensiv mit Stimme und Sound sowie Intimität und Distanz auseinander. Beide Themenkomplexe sind durch Covid-19 nochmal mehr in den Fokus gerückt. Samara und Damian berichten von ihren persönlichen und künstlerischen Erfahrungen. Mit der interaktiven Telefon-Performance BODY OF KNOWLEDGE (AT HOME) ist Samara Hersch außerdem im Impulse-SHOWCASE vertreten.
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12:00 h a p t I c a f f I n I t i e s – a study group on touch, haptic aesthetics and intimacy in the arts
Breakout Rooms mit:
Joshua Wicke
Antonia Rohwetter
Carolina Mendonca
Bryana Fritz und Henry Andersen
Sofie Luckhardt, Anneliese Ostertag und Rahel Spöhrer
Siegmar Zacharias
Anna Zett
In einem informellen und partizipativen Setting sind die Teilnehmer*innen dazu eingeladen, sich in Gesprächen und Übungen mit der Sehnsucht nach und dem Verlust von Nähe, sowie mit der Ambivalenz und Wechselwirkung von Berührung zu beschäftigen. Die Gastgeber*innen sind Praktiker*innen aus Kunst und Theorie, die zum Thema Berührung und Intimität in den Künsten arbeiten.
10:00–13:00 Uhr, online (Zoom + Live-Stream)
Für die Teilnahme per Zoom ist eine Anmeldung notwendig.
Hier geht's zum Live-Stream (ohne Anmeldung).
Welche Bedeutung haben die Sichtbarkeit und die Verwundbarkeit des Körpers für die Wirksamkeit politischer Protestbewegungen? Welchen Einfluss hat und hatte Covid-19 darauf?
10:00 Tanz im Protest
Keynote und Diskussion mit Kirsten Maar, Freie Universität Berlin, Institut für Theaterwissenschaft. Moderation: Irina Bârcă
Welches Potential haben choreographische Interventionen für Protestbewegungen in Zeiten der Pandemie? Sei es im Kontext von Black Lives Matter, in Belarus, Polen oder Ungarn? Kirsten Maar zeigt in ihrer Keynote, wie Choreographie mittels Versammlung und Intervention öffentliche Räume gestalten kann: Resiliente und ausdauernde Körper üben miteinander Kollektivität, nutzen das emanzipatorische Potential gegenseitiger Berührung.
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10:45 15 Minuten Achtsamkeit mit Stacie CC Graham
Die Beraterin und Yogini Stacie CC Graham unterstützt das Publikum mit kleinen Übungen dabei, den eigenen Körper ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken.
11:00 Anrufung, Ideologie und das Seltsame
Inputs und Diskussion mit Joana Tischkau und Julian Warner. Moderation: Irina Bârcă
Joana Tischkau spricht über die Visualisierung der BLM-Proteste im letzten Jahr. Wie wurden die widerständigen Körper medial inszeniert, und welche Bilder bleiben am Ende übrig? Julian Warner plädiert in seinem Input „Der Diskurs, der mich erschaffen hat – Anrufung, Ideologie und das Seltsame“ dafür, sich von dem falschen Bewusstsein eines neoliberalen Diversitäts-Paradigmas zu befreien: „Statt uns den Analogien des afrikanisch-amerikanischen Leidens zu beugen, müssen wir uns um unsere eigenen Archäologien bemühen und Wissen über die spezifischen Unterdrückungen erzeugen. Dafür brauchen wir unsere materiellen Körper und ein Gespür für das Seltsame und Unheimliche, um von der Anrufung durch den Plattform-Kapitalismus loszukommen.“
Beide Künstler*innen sind außerdem im Impulse-SHOWCASE vertreten, Joana Tischkau mit PLAYBLACK und Julian Warner mit THE HISTORY OF THE FEDERAL REPUBLIC OF GERMANY AS TOLD BY FEHLER KUTI UND DIE POLIZEI.
12:00 „Es ist alles so schlimm, dass sogar total Introvertierte rausgehen.“ *
Diskussion in Kooperation mit dem Goethe-Institut Belarus mit Mikhail Gulin, Sophia Sadovskaya und Igor Shugaleev. Moderation: Tania Arcimovich
Künstler*innen und Aktivist*innen aus Belarus berichten von der Rolle des Körpers im öffentlichen Raum für die Widerstandsbewegung. Welche Strategien wurden genutzt, welchen Einfluss hatte die Pandemie darauf? Welche Folgen ergaben sich daraus für die Kulturszene und für die darstellenden Künste im Besonderen?
* Plakat-Slogan während der Proteste in Minsk im August 2020
10:00–13:00 Uhr, online (Zoom + Live-Stream)
Für die Teilnahme per Zoom ist eine Anmeldung notwendig.
Hier geht's zum Live-Stream (ohne Anmeldung).
Welche Bedeutung haben physische Begegnungen für gemeinsame kreative Prozesse und die Entwicklung einer guten Arbeitsbeziehung? Inwieweit können wir sie durch Online-Tools ersetzen? Und was bedeutet das für die Zukunft einer klimafreundlichen und dekolonialen internationalen Zusammenarbeit?
10:00 Körperlose Zusammenarbeit in kreativen Prozessen – wo kommt auch das beste digitale Tool an seine Grenzen? Medienpsychologische Erkenntnisse nach einem Jahr mit Covid-19
Keynote und Diskussion mit Maren Urner, Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft, Köln. Moderation: Marta Keil
Von einem Tag auf den anderen hat uns die Pandemie gezwungen, unsere private, berufliche und kulturelle Kommunikation in die digitale Welt zu verlagern. Was sind die Risiken, was die Chancen von „Online-Vorlesungen”, „Online-Treffen” oder „Online-Versammlungen”? Was vermissen, was gewinnen wir? Und wie hat das Einfluss auf unser Wohlbefinden?
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10:45 15 Minuten Achtsamkeit mit Stacie CC Graham
Die Beraterin und Yogini Stacie CC Graham unterstützt das Publikum mit kleinen Übungen dabei, den eigenen Körper ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken.
11:00 Reisen für die Kunst?
Inputs und Diskussion mit Ant Hampton und Lázaro Gabino Rodríguez (Lagartijas tiradas al sol, Mexiko). Moderation: Marta Keil
Ant Hampton arbeitet gerade an dem Projekt „Showing without going – live performance options without air travel“. Lázaro Gabino Rodríguez hat mit einem offenen Brief auf Jerôme Bels Forderung geantwortet, in den Darstellenden Künsten auf Flugreisen zu verzichten und darauf hingewiesen, wie ein solcher Verzicht Kunstschaffende aus dem globalen Süden ihrer Existenzgrundlage berauben könnte. Die beiden Performancekünstler diskutieren die Notwendigkeit von Reisen, sprechen über Privilegien und den Luxus des Verzichts sowie darüber, wie sich ihre Einstellungen durch Covid-19 verändert haben.
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12:00 Körperlose Kooperationen
Inputs und Diskussion mit Jayachandran Palazhy und Clara Vaughan. Moderation: Ogutu Muraya
Jayachandran Palazhy, Leiter des Attakkalari Centre for Movement Arts in Bangalore, und die Leiterin des Market Theatre Laboratory in Johannesburg, Clara Vaughan, sprechen über ihre Erfahrungen mit Proben, Aufführungen und Kooperationsprojekten im letzten Jahr. Welche positiven Effekte gab es vielleicht, aber wo lagen auch die Herausforderungen, sowohl vor Ort als auch im internationalen Kontext?
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12:45 Schlussrunde
jeweils 14:30–17:00 Uhr, vor Ort in Düsseldorf
Nur nach Anmeldung (siehe unten)
Gastgeber*innen: Sibylle Peters mit Charlotte Pfeifer und Ansuman Biswas sowie als Gast Moritz Frischkorn
Arbeitssprache: Englisch
Was es heißt, allein zu sein, und was es heißt, verbunden zu sein, hat sich durch die Pandemie verändert. Corona ist ein gemeinsames Problem, das uns voneinander trennt. Doch die Sicherheit der Isolation bringt ihre eigenen Gefahren mit sich: Wenn unsere Körper andere Körper nicht riechen und berühren können, bleiben unsere Stresslevels hoch. Angst und Depression treten an die Stelle geteilter Verwundbarkeit. Die Dornenhecken um unsere Schlösser schießen in die Höhe. Zugleich haben digitale Versammlungen reale Zusammenkünfte ersetzt und Menschen – auch global – in neuer Weise miteinander verbunden. Theater und Performance erscheinen vor diesem Hintergrund in neuem Licht: als Künste der Intimität, die Menschen einander nahebringen und sie einladen, ihre Verletzlichkeit zu teilen und mitzuteilen.
EXERCISES IN SOCIAL INTIMACY verbindet 90 Teilnehmer*innen lokal und global, körperlich und digital. Gruppen in Düsseldorf und Köln, Bern, Johannesburg und Minsk treffen sich unter Einhaltung der jeweils geltenden Hygieneregeln vor Ort und tauschen sich in Videokonferenzen untereinander aus. Sie erproben die Kunst von Berührung, Geruch und Nähe und experimentieren mit der Beziehung von Intimität und Abstand.
„Pleasure Activism ist gefragt, um das Vertrauen zwischen den Körpern wiederzufinden. Lasst uns die Prinzessin sein, die die Dornenhecken durchdringt und die schlafenden Schönheiten wachküsst!“ Sibylle Peters
Die Teilnahme am Workshop ist nur vor Ort möglich.
Für die Teilnahme an der Workshop-Gruppe in Düsseldorf melden Sie sich bitte unter email hidden; JavaScript is required
an. Besondere Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Der Kostenbeitrag
für die drei Workshop-Nachmittage inkl. Verpflegung beträgt 30 Euro.
Der Workshop findet unter Einhaltung der dann geltenden
Hygieneverordnung statt. Die Teilnehmenden verpflichten sich, täglich
einen von den Veranstalter*innen organisierten Corona-Schnelltest
durchzuführen.
Internationale Co-Gastgeber*innen:
Hochschule der Künste Bern, Fachbereich Theater (Schweiz)
The Market Theatre Laboratory, Johannesburg (Südafrika)
Universität zu Köln, Institut für Kunst & Kunsttheorie
Goethe-Institut Belarus
Mazda Adli ist Psychiater und Stressforscher. Er leitet die Fliedner Klinik Berlin sowie den Forschungsbereich Affektive Störungen an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Er hat u. a. das Interdisziplinäre Forum Neurourbanistik ins Leben gerufen, das sich mit der Untersuchung des Einflusses von Stadtleben auf Emotionen und psychische Gesundheit beschäftigt, und ist Gründer der „Singing Shrinks“, des einzigen Psychiater-Chors der Welt. 2017 erschien sein Buch „Stress and the City: Warum Städte uns krank machen. Und warum sie trotzdem gut für uns sind“.
Tania Arcimovich ist Autorin, Regisseurin und Kuratorin aus Minsk. Sie schloss ihr Studium der Theaterwissenschaft an der Belarusischen Staatlichen Akademie der Künste in Minsk ab und erwarb einen Master in Kulturwissenschaften an der European Humanities University in Vilnius. Seit 2014 kuratiert Tania Arcimovich Ausstellungen, realisiert Kultur- und Bildungsprojekte in Zusammenarbeit mit u.a. Galerie für Zeitgenössische Kunst, Lohvinau-Verlag, Monat der Fotografie in Minsk und TEART Theaterfestival. Von 2016 bis 2019 unterrichtete sie am European College of Liberal Arts in Belarus. Sie ist Mitbegründerin der ziErnie Performative Arts Platform und Herausgeberin der Zeitschrift pARTisan / pARTisanka. Aktuell ist sie Doktorandin am International Graduate Centre for the Study of Culture (GCSC) an der Justus-Liebig Universität-Gießen.
Irina Bârcă ist Dramaturgin am FFT Düsseldorf mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendtheater. Geboren und aufgewachsen in Sibiu, Rumänien, hat sie Schauspiel in Bukarest und Theaterpädagogik an der Hochschule Osnabrück studiert. 2014 – 2017 war sie Theaterpädagogin am Theater an der Parkaue. Sie entwickelt, realisiert und kuratiert Theaterprojekte hauptsächlich mit und für Kinder und Jugendliche. Am FFT beschäftigt sie sich u.a. mit Formaten der Kooperation und der Begegnung von Theater, Schule und Künstler:innen und dem Theater der Digital Natives. Sie ist Teil verschiedener Jurys, des Kuratoriums des Fonds Darstellende Künste und kuratierte das Festival Augenblick mal! 2021.
Ansuman Biswas wurde in Indien geboren und absolvierte seine Ausbildung im Vereinigten Königreich. Seine internationale Praxis umfasst Musik, Film, live art, Texte und Theater. Er interessiert sich für Hybridität und Interdisziplinarität – oft arbeitet er im Grenzbereich von Wissenschaft, Kunst und Wirtschaft, oder von Musik, Tanz und bildender Kunst. Improvisation und Spiel sind wichtige Elemente seiner Praxis, die Vipassana-Meditation deren Kern.
Moritz Frischkorn arbeitet seit 2014 als Choreograph, Performer und Theoretiker im Feld zeitgenössischer darstellender Kunst. Seine künstlerische und kuratorische Praxis beschäftigt sich mit Choreographien von Dingen und ihren sozialen und politischen Dimensionen. 2021 promovierte er an der HafenCity Universität Hamburg mit einer Arbeit zum Thema „More-Than-Human Choreographies“. In den letzten Jahren hat er eine Reihe von eigenen Arbeiten präsentiert. Seine interdisziplinäre Recherche-Arbeit „The Great Report“ zum Verhältnis von Choreographie und Logistik hatte 2020 auf Kampnagel Premiere.
Stacie CC Graham (German translation to follow.) is a management consultant, executive coach, founder, speaker and writer. In her work, she uses practices and tools such as mindful leadership, intersectional attunement as well as emotional and social intelligence. Her holistic wellness brand, OYA: Body-Mind-Spirit Retreats, is dedicated to underrepresented communities typically underserved by the mainstream wellness industry. With an MS in economics and a PhD in psychology as well as experience living and working in different parts of the world, she continues to cultivate a nuanced understanding of underlying drivers of human motivation and behavior.
Mikhail Gulin ist Künstler und Kurator. Seit den 2000er-Jahren ist er einer der einflussreichsten belarussischen Künstler, bekannt für seine Interventionen im öffentlichen Raum und seine Reflektionen über Öffentlichkeit in Belarus. Seine Kunst wurde in Galerien in Minsk, Brest, Eindhoven, Vilnius, Moskau, Warschau, Kiew und anderen Städten gezeigt. Mikhail Gulin nahm an künstlerischen Symposien und Performance-Festivals in Litauen, Nordossetien-Alanien und Kasachstan teil.
Ant Hampton ist Performancekünstler. Seine Arbeiten sind gekennzeichnet von einer deutlichen Spannung zwischen strengen formalen und strukturellen Elementen und solchen, die im Moment der Aufführung gelebt und verhandelt werden. Er entwickelte kleinformatige, intime Projekte, die den Zuschauer selbst einbezogen, und in Cafés („Etiquette“) oder im Lesesaal einer Bibliothek stattfanden („The Quiet Volume“). Seine letzten Arbeiten ermutigen das Publikum, selbst Wagnisse einzugehen, mit realen Konsequenzen („Someone Else“, „The Thing“).
In dem Verlust von und der Gefahr durch Berührung, die wir aktuell verstärkt erleben, treten die politischen und ethischen Implikationen von Berührung in den Vordergrund. Es gibt gegebene und gewählte Intimitäten, die sich der Kontrolle entziehen. Berührung zeigt sich dabei als die Grundbedingung einer verletzlichen Existenz. Sie verweist auf wechselseitige Abhängigkeiten, poröse Körpergrenzen, brutale Intimitäten und artenübergreifende Kollaborationen. Die study group h a p t i c a f f i n i t i e s wurde initiiert von Anneliese Ostertag, Sofie Luckhardt, Belle Santos und Rahel Spöhrer. Sie trifft sich seit Mitte April 2021 wöchentlich und fragt vor diesem Hintergrund: Welche Formen der Berührung finden in den performativen Künsten bemerkt und unbemerkt statt? Wie können wir uns der Performativität und Medialität von Berührung annähern? Und wie lassen sich die vielfältigen haptischen Begegnungen in den Künsten konsensual begreifen?
Samara Hersch ist Theatermacherin, Regisseurin und Künstlerin, deren Praxis die Intersektionen von zeitgenössischer Performance und gesellschaftlichem Engagement erforscht. Sie schloss kürzlich ihren Master an Das Theatre in Amsterdam ab. Ihr Interesse gilt dem generationenübergreifenden Diskurs und nicht-hierarchischen Formen des Wissensaustauschs. Ihre Arbeit WE ALL KNOW WHAT‘S HAPPENING, die sie zusammen mit Lara Thoms und sieben Kindern aus Melbourne realisierte, wurde mit dem ZKB Förderpreis und dem Publikumspreis des Zürcher Theater Spektakels 2019 sowie dem Green Room Award für die beste zeitgenössische und experimentelle Performance in Melbourne ausgezeichnet.
Marta Keil ist Kuratorin in den darstellenden Künsten,
Forscherin und Dramaturgin sowie Co-Leiterin des Performing Arts
Institute in Warschau. Zwischen 2012 und 2017 kuratierte sie mit
Grzegorz Reske das Festival Konfrontacje Teatralne in Lublin. Sie
gründete und kuratierte die East European Performing Arts Platform und
war von 2014 bis 2015 Leiterin der Programmabteilung des Teatr Polski in
Bydgoszcz. Als Kuratorin und Dramaturgin hat sie u. a. mit Agnieszka
Jakimiak, Rabih Mroué, Agata Siniarska und Ana Vujanović gearbeitet. Sie
unterrichtet an der SWPS University of Social Sciences and Humanities
in Warschau und hat mehrere Bücher herausgegeben, u. a. „Choreography:
Politicality“ (2018) und „Reclaiming the Obvious: on the Institution of
Festival“ (2017).
Kirsten Maar ist seit 2018 Juniorprofessorin für
Tanzwissenschaft an der Freien Universität Berlin und arbeitet als
Dramaturgin. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen choreografische
Verfahren im 20. Jahrhundert, Entgrenzungen zwischen Choreografie,
Architektur und Bildender Kunst sowie intersektionale Diskurse und
Kanonfragen.
Ogutu Muraya ist ein Autor und Theatermacher, dessen Arbeit in der Praxis mündlicher Literatur verwurzelt ist. Er sucht nach neuen Formen des Geschichtenerzählens, die sozio-politische Aspekte mit dem Glauben verbinden, dass Kunst ein wichtiger Katalysator für die Infragestellung von Gewissheiten ist. Er studierte Internationale Beziehungen an der USIU-Africa und absolvierte einen Master am DAS Theatre. Seine Texte werden international veröffentlicht; seine performativen Arbeiten werden weltweit in Theatern und bei Festivals gezeigt. Ogutu Muraya lebt als Künstler in Nairobi und unterrichtet in Teilzeit im Film- und Performance-Bereich der KCA University.
Eva Neklyaeva ist Kuratorin und setzt sich in den
Feldern darstellender Kunst, Politik und Sexualität mit der Frage der
Freiheit auseinander. Zur Zeit ist sie Ko-Kuratorin von „Samara Editions
– performances by post“, sowie des Spielart-Festivals 2021. Zuvor hat
sie u.a. das Santarcangelo Festival kuratiert (2017–2019) und sechs
Jahre lang das Baltic Circle International Contemporary Theatre Festival
geleitet. Unter ihrer Leitung hat sich das Festival zu einer
renommierten internationalen Plattform für multidisziplinäre
Nachwuchs-Performance entwickelt.
Jayachandran Palazhy ist der Gründer und künstlerische Leiter des Attakkalari Centre for Movement Arts in Bangalore und ein international renommierter Tänzer und Choreograph. Er absolvierte ein Physik-Studium in Kerala und begann seine Tanzausbildung in Indien mit Bharatanatyam, Kathakali, indischen Volkstänzen und dem Kampfsport Kalarippayattu. An der London Contemporary Dance School studierte er klassisches Ballett, Tai Chi, Capoeira und afrikanischen Tanz. Ein Schwerpunkt seiner choreographischen Arbeit mit internationalen Künstler*innen sind multimediale Tanzproduktionen unter Einsatz digitaler Künste und interaktiver Technologie. Im Attakkalari war er Leiter des Forschungs- und Dokumentationsprojekts NAGARIKA über die Bewegungsprinzipien traditioneller indischer Körperarbeit. In Zusammenarbeit mit der Arizona State University hat er sich mit der Rolle interaktiver Technologie und Telematik in der Performance auseinandergesetzt.
Sibylle Peters ist Performancekünstlerin und
Kulturwissenschaftlerin, künstlerische Leiterin des FUNDUS
THEATERS/THEATRE OF RESEARCH in Hamburg und Mitgründerin des
Graduiertenkollegs Performing Citizenship. Sie arbeitet häufig mit dem
Performancekollektiv geheimagentur. Ihre Schwerpunkte sind: Theorie und
Praxis der Versammlung, transgenerationelle und partizipative
Forschungsprozesse. Zu ihren jüngsten Projekten zählt QUEENS. DER
HETERACLUB, das für den Impulse-SHOWCASE 2021 ausgewählt wurde.
Charlotte Pfeifer interessiert sich für die Erweiterung
der Bühnensituation im Zusammenspiel von Kunst, Musik, Hörspiel und
Performance. Sie arbeitete zunächst als Schauspielerin, später auch als
Dramaturgin und Regisseurin. Mittlerweile verschmilzt sie verschiedene
Funktionen für Projekte über Alltagsthemen, Science-Fiction und
Quatschkram und entwickelt diese gerne in Gruppen. PMS-LOUNGE –
HULDIGUNG EINES ZUSTANDS wurde auf dem Hauptsache Frei Festival 2018 mit
dem Publikumspreis und dem Jurypreis ausgezeichnet. Sie war damit zum
Impulse Theater Festival und dem Peforming Arts & Friends Festival
in Berlin eingeladen. Mit der
interdisziplinären Künstlergruppe TRAUMMASCHiNE Inc. produziert Pfeifer
selbstentwickelte Kindertheaterstücke und Happenings.
Damian Rebgetz hat klassischen Gesang, Musiktheater
und Sound Studies studiert. Als Performer war er an verschiedenen
Theater-, Musiktheater-, Tanz- und Performance-Projekten beteiligt und
war 2015–2020 Teil des Schauspielensembles an den Münchner
Kammerspielen. Seine eigenen Performances sind inspiriert von Praktiken
des Hörens und Erinnerns und verhandeln unterschiedliche Konzepte von
Musik, Klang, Stimme, Identität und Materialität. Seine Performance
„Something for the Fans“ wurde 2013 vom Impulse Theater Festival und dem
HAU Hebbel am Ufer koproduziert.
Lázaro Gabino Rodriguez hat die Amsterdamse Hogeschool voor de Kunsten (AHK) mit einem Master in Theater abgeschlossen. In seiner Arbeit erkundet er Konzepte von wahr und falsch, ausgehend von persönlichen Erinnerungen und deren Verhältnis zu Fiktionen. 2003 gründete er mit Luisa Pardo das Künstler*innenkollektiv Lagartijas tiradas al sol, mit dem sie Projekte in den Formaten Theater, Text, Film, Pädagogik und Radio entwickeln. Ihre Arbeit wird in Mexiko und international gezeigt.
Sophia Sadovskaya ist freie Kuratorin und Kunstpädagogin aus Minsk. Von 2012–2021 kuratierte sie das EVAA-Projekt (Environmental Visual Audial Art Project), das Umweltaktivismus mit zeitgenössischer Kunstpraxis verbindet. Neben ihrer Tätigkeit als Kuratorin ist Sophia Sadovskaya Co-Autorin der Buchreihe „Belarussische Kunst des 20. Jahrhunderts für Kinder“.
Igor Shugaleev ist freier Schauspieler und Performer. Er kooperierte mit dem TOKtheatre in Minsk und dem HUNCHTheatre Belarus. Seit 2019 arbeitet Igor Shugaleev an Solo-Projekten. In Zusammenarbeit mit Künstler*innen anderer Disziplinen sucht er seinen künstlerischen Ausdruck an der Schnittstelle von Tanz, Theater und Performance.
Joana Tischkau tanzt. Eine der ersten Erinnerungen daran ist der Moment, als sie zu Kaomas Hit „Lambada“ von 1989 auf einer Kindergeburtstagsparty abdancte. Diese Erfahrung bewegte sie dazu, sich bei der Tanzschule nebenan für Jazzdance, Streetdance und Videoclip-Dancing anzumelden. Später studierte sie Tanz und Schauspiel an der Coventry University in Großbritannien sowie Choreografie und Performance am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen. Ihre künstlerische Praxis ist ein hybrides Durcheinander, das die Schriften von bel hooks auf Beatboxing treffen lässt, in dem ein Fitness-Workout aus weißem Bewegungsmaterial entsteht und Roberto Blanco als König Schwarzer deutscher Unterhaltungskunst gehuldigt wird. PLAYBLACK ist ihre Master-Abschlussinszenierung.
Maren Urner ist Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Köln. Sie studierte Kognitions- und Neurowissenschaften und wurde am University College London in Neurowissenschaften promoviert. 2016 gründete sie das Online-Magazin „Perspective Daily“ für Konstruktiven Journalismus mit und leitete die Redaktion bis März 2019. Ihr erstes Buch „Schluss mit dem täglichen Weltuntergang“ ist ein Bestseller, ihr zweites Buch „Raus aus der ewigen Dauerkrise“ erscheint im Mai 2021.
Clara Vaughan ist die Leiterin des Market Theatre Laboratory in Johannesburg, Südafrika, sowie Theatermacherin, Kulturmanagerin und Autorin. Im Market Lab bringt sie Theaterschaffende und andere Künstler*innen für kollaborative Arbeitsprozesse des Lernens, Herstellens, Experimentieren und Recherchierens zusammen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Nachwuchskünstler*innen sowie subalternen Erfahrungen, Stimmen und Identitäten.
Julian Warner arbeitet als Kulturanthropologe
interdisziplinär in den Bereichen Kuration, Musik, Performance-Kunst und
Wissenschaft. Er ist künstlerischer Leiter des Festivals der
Kulturregion Stuttgart 2022 und Kurator für das Performance-Festival
Spielart in München. Unter dem Alias Fehler Kuti veröffentlicht er
Diskurs-Pop. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeitete Warner am
Institut für Kulturanthropologie der Georg-August-Universität Göttingen.
Im April 2021 erscheint der von ihm herausgegebene Sammelband AFTER EUROPE – Beiträge zur dekolonialen Kritik im Verbrecher Verlag.
Programmleitung: Anne Schulz
Workshopleitung: Sibylle Peters
Produktionsleitung: Lena Busse
Die AKADEMIE #2 – LOST IN SPACE? wird gefördert durch das Goethe-Institut und das Internationale Besucher*innenprogramm des NRW KULTURsekretariats.